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Phenylketonurie (PKU)

Phenylketonurie (PKU) ist die häufigste angeborene Stoffwechselstörung, die -je nach Quelle- bei einem von 6.500[2] bzw. 8.000[1] Neugeborenen festgestellt wird.Betroffene können die Aminosäure Phenylalanin, die Bestandteil aller Nahrungsmitteleiweiße ist, wegen eines Enzymdefektes nicht abbauen[1].

Das heißt, Betroffene sollten eine lebenslange eiweißarme Diät einhalten. Sämtliche tierische Lebensmittel, die stark eiweißhaltig sind wie zum Beispiel Fleisch, Fisch, Milch- und Eiprodukte, müssen gemieden werden. Das läuft auf eine vegane Ernährung hinaus. Es sollten auch pflanzliche Produkte gemieden werden, wenn diese viel pflanzliches Eiweiß enthalten wie Weizen und andere Getreidearten. Patienten sollten daher Back- und Teigwaren aus speziellem eiweißarmen Mehl essen. Neben Getreide haben auch Hülsenfrüchte und Nüsse einen hohen Anteil an Eiweiß und sollten daher kein Bestandteil der Ernährung sein.

Weil auch der Süßstoff Aspartam (E 951) Phenylalanin enthält, müssen kalorienreduzierte Produkte, die mit Aspartam gesüßt wurden, auch immer mit dem Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet werden.

Lebensmittel, sie von Natur aus einen geringen Eiweißgehalt aufweisen, können in berechneten und gewogenen Mengen gegessen werden. Dazu gehören viele Obst- und Gemüsesorten. Fette und nahezu eiweißfreie Lebensmittel wie Marmelade und eine Vielzahl von milch- und gelatinefreien Süßigkeiten bedürfen keiner Restriktion[4].

Medizinischer Hintergrund

Phenylalanin ist Bestandteil aller eiweißhaltigen Lebensmittel und gehört zu den lebensnotwendigen (essenziellen) Aminosäuren, die der menschliche Organismus zur Bildung von körpereigenen Eiweißen benötigt. In der Leber eines gesunden Menschen wird Phenylalanin zu Tyrosin umgewandelt mit dem Enzym Phenylalanin- Hydroxylase.

Bei Patienten der Phenylketonurie ist aufgrund einer genetischen Störung das Enzym Phenylalanin-Hydroxylase nicht oder nur eingeschränkt funktionsfähig, so dass dieser Umwandlungsprozess nicht stattfinden kann.
Das Phenylalanin wird bei Betroffenen zu Phenylbrenztraubensäure abgebaut, diese gelangt  ins Gehirn. Dort beeinträchtigt es die Bildung von Myelinscheiden. Die daraus entstehenden Hirnschäden setzen nach den ersten Lebenswochen ein und werden mit zunehmendem Alter schlimmer[3].
Unbehandelt zu einer schweren geistigen Entwicklungsstörung mit einer Epilepsie führen, und ist nicht rückgängig zu machen.
Eine normale geistige Entwicklung kann gewährleistet werden, wenn die Krankheit frühzeitig erkannt und behandelt wird, abgesehen von den diätetischen Einschränkungen ist die Lebenserwartung unbeeinträchtigt [1].

Arten von Phenylketonurie

Klassische Phenylketonurie

Bei ca. 98 % aller Fälle führt eine fehlende oder verminderte Aktivität des Enzyms Phenylalaninhydroxylase  zu einer Anhäufung des Phenylalanins im Körper. Die klassische PKU beruht auf einer Veränderung eines Gens (Mutation). Von der Art der Mutation hängt das Ausmaß der Aktivitätseinschränkung dieses Enzyms ab. Somit ist die Menge Eiweiß, welche aufgenommen werden kann, ohne dass der Phenylalaninspiegel über den angestrebten Bereich der Phenylalanin-Toleranz ansteigt, von Patient zu Patient unterschiedlich[1].

Atypische Phenylketonurie

In ungefähr 2 % aller Fälle liegen jedoch eine Störungen des Stoffwechsels eines Koenzyms der Phenylalaninhydroxylase, des Tetrahydrobiopterins (BH4), vor, und man spricht von sogenannten atypischen Phenylketonurien. Da Tetrahydrobiopterin auch in der körpereigenen Herstellung (Biosynthese) der Neurotransmitter Serotonin und Dopamin eine zentrale Rolle spielt, weist die atypische PKU meist einen schwerwiegenderen Verlauf auf[1].

Symptome bei Erwachsenen

Bei Erwachsenen kann ein übermäßiger Verzehr von Eiweiß zu Konzentrationsschwierigkeiten, Reaktionsverlangsamungen, Veränderungen im EEG und zu einer durch Magnetresonanztomografie nachweisbaren Schwellung des Gehirns kommen kann. Ein Teil der Patienten entwickelt etwa zehn Jahre nach Beendigung der phenylalaninarmen Diät eine Spastik der Muskulatur mit Gangstörungen und Zittern (Tremor).

Diagnose

Die Phenylketonurie kann bereits in den ersten Lebenstagen durch einen einfachen Bluttest festgestellt werden, der Bestandteil der allgemeinen Vorsorgeuntersuchung (Neugeborenenscreening) ist[2].
Bei dem dabei zum Einsatz kommenden Guthrie-Test handelt es sich um eine einfache, nicht belastende, günstige und schnelle Untersuchung[1].

Therapie

Klassische Phenylketonurie

Phenylketonurie ist nicht heilbar und so besteht die Therapie in einer lebenslangen phenylalaninarmen Diät, welche insbesondere während der Gehirnentwicklung in den ersten Lebensjahren bis zur Pubertät streng einzuhalten ist.
Ein Totalentzug von Phenylalanin ist nicht möglich, da Phenylalanin eine essentielle Aminosäure ist und der Entzug zum Tode führen würde.

Neugeborene, Kinder/ Jugendliche

Da Phenylbrenztraubensäure ins Gehirn gelangt und dort Hirnschäden verursacht, muss eine Spezialdiät eingehalten werden, bis das Gehirn fertig entwickelt ist. Diese Diät besteht aus phenylalaninarmer und tyrosinreicher Kost.
Als Aminosäurequelle dienen künstlich hergestellte Aminosäuregemische, die eine ganz bestimmte Menge Phenylalanin enthalten. Die Hauptkohlenhydratquelle ist Maisstärke.

Erwachsene

Nachdem das Gehirn ausgereift ist, kann es nicht mehr durch Phenylbrenztraubensäure geschädigt werden. Nun reicht eine eiweißarme Diät mit natürlichen Nährstoffen aus.
Den genauen PHE-Gehalt von Lebensmitteln, kann man speziellen Tabellen entnehmen. Um die Rechnerei zu vereinfachen, sind inzwischen Minicomputer auf dem Markt, die bei der täglichen PHE-Mengenbestimmung helfen[4].

Schwangere

Schwangere PKU-kranke Frauen müssen eine strenge phenylalaninarme und tyrosinreiche Diät halten, da die Phenylbrenztraubensäure die Plazenta durchdringt und so dem Ungeborenen schadet[3].

Seit kurzem weiß man, dass etwa die Hälfte der europäischen Patienten mit klassischer PKU auf eine Zufuhr von Tetrahydrobiopterin ‚ansprechen‘, d. h. der Phenylalaninspiegel wird gesenkt[1].

Atypische Phenylketonurie

Die Therapie beim Tetrahydrobiopterin-Mangel richtet sich nach der Ursache.
Ist die Biosynthese des BH4s gestört, kann der Phenylalaninspiegel durch eine Substitution von BH4 gesenkt werden und es ist keine phenylalaninarme Diät nötig. Im Falle eines Dihydropterinreduktasemangels reicht es nicht aus, BH4 mit der Nahrung zuzuführen, sondern es muss ebenfalls eine phenylalaninarme Diät eingehalten werden (s.o.)[1].

 

 


 

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Phenylketonurie
[2] http://www.onmeda.de/krankheiten/phenylketonurie-weitere-informationen-1566-9.html
[3] http://www.phenylketonurie.net/
[4] http://www.netzwerk-apd.de/vortraege/vfed_interview.pdf